Bei gleichzeitigem Anspruch auf Versichertenrente der gesetzlichen Unfallversicherung und Rente wegen Alters der gesetzlichen Rentenversicherung darf die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag nicht übersteigen, ansonsten kommt es zu einer Kürzung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 93 Absatz 1 SGB VI). Die Versichertenrente (Berufskrankheits- bzw. Verletztenrente) der gesetzlichen Unfallversicherung selbst wird in ihrer Höhe jedoch unverändert ausgezahlt.
Unerheblich ist, ob die Rente der gesetzlichen Unfallversicherung abgefunden oder für die Dauer einer Heimpflege gekürzt wurde. Vergleichbare Versichertenrenten ausländischer Unfallversicherungsträger werden ebenfalls berücksichtigt.
Ursächlich für die Anrechnung ist die Vermeidung einer Überversorgung zu Lasten der Sozialgemeinschaft: Unfallgeschädigte sollen bei gleichzeitigem Bezug von Renten der gesetzlichen Unfallversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung nicht besser gestellt werden als Arbeitnehmer vor Eintritt eines Unfalls. Deshalb ist die Obergrenze, die beim Zusammentreffen der beiden Renten vorgegeben wird, der fiktive Nettoverdienst vor dem Unfall oder der Berufserkrankung (sogenannter Grenzbetrag).
Ausnahmen bei der Anrechnung
Keine Anrechnung auf die Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt, wenn die Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung
für einen Versicherungsfall geleistet wird, der sich nach dem Beginn der gesetzlichen Rente oder nach Eintritt der für die Rente maßgebenden Minderung der Erwerbsfähigkeit ereignet hat (gilt nicht für Hinterbliebenenrenten), oder
ausschließlich nach dem Arbeitseinkommen des Unternehmers oder seines Ehegatten oder Lebenspartners oder nach einem festen Betrag, der für den Unternehmer oder seinen Ehegatten oder Lebenspartner bestimmt ist, berechnet wird.
Bei Unfallrenten aus privaten Versicherungsverträgen findet generell keine Anrechnung auf die Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung statt. Letztere wird unabhängig von sonstigen Einkünften gezahlt. Unter diese sonstigen Einkünfte fallen auch die Ansprüche einer privaten Unfallrente.
Berechnung des Grenzbetrages
Grenzbetrag sind 70 % von 1/12 des Jahresarbeitsverdienstes (JAV), der der Berechnung der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zugrunde liegt, vervielfältigt mit dem jeweiligen Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung (vgl. § 67 SGB 6, Rente wegen Alters = 1,0). Bei einer Rente für Bergleute beträgt der Faktor 0,4. Mindestgrenzbetrag ist die Monatsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Ruhensberechnung
Prinzipiell gilt, dass der Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bei Antrag auf Rente wegen Alters der gesetzlichen Rentenversicherung angegeben werden muss. Ohnehin meldet der jeweilige Unfallversicherungsträger die Höhe der Rente an den gesetzlichen Rentenversicherungsträger.
Die so genannte Ruhensberechnung wird in mehreren Schritten innerhalb der Prüfung auf Anspruch der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeführt. Sie regelt die Bemessungsgrenzen und die Höhe der Freibeträge.
Berechnungsbeispiel
In unserem Beispiel gehen wir von einem Arbeitsunfall aus, der zu einer festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 50 % führte. Der dem Versicherungsfall zugrunde liegende Jahresarbeitsverdienst beträgt 27.000 €. Daraus berechnet sich eine Verletztenrente von 9.000 € im Jahr (27.000 € x 2 / 3 x 50 % = 9.000 €), folglich 750 € pro Monat.
1. Schritt
Zuerst einmal wird in unserem Fallbeispiel die gesetzliche Bruttorente berechnet: 45,0000 Entgeltpunkte, resultierend aus 45 Arbeitsjahren, multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert West von 31,03 € im Jahr 2017 ergeben 1.396,35 €.
2. Schritt
Von der Verletztenrente wird ein "Freibetrag" abgezogen. Dieser darf nicht angerechnet werden. Dieser Freibetrag entspricht der Grundrente, die für den gleichen Körperschaden nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), zum Beispiel für Gewaltopfer, gezahlt würde.
Bei einem Grad der Schädigungsfolgen von 50 % würde die Grundrente nach § 31 BVG und damit der Freibetrag derzeit monatlich 258 € betragen. Um bei unserem Beispiel zu bleiben, würde folgende Berechnung durchgeführt: 750 € - 258 € = 492 €.
Hinweis: Bei Personen, die einen knappschaftlichen Rentenanteil in der gesetzlichen Rente bekommen oder bestimmte Lungenerkrankungen (Berufskrankheit nach den Nummern 4101, 4102 oder 4111 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997) als Berufskrankheit mit einer MdE von mindestens 60 % erlitten haben, werden die Freibeträge anders berechnet (§ 93 Absatz 2 SGB VI). In unserem Beispielfall hier trifft dies nicht zu.
3. Schritt
Die gesetzliche Rente wird mit dem anrechenbaren Teil der Verletzten-Rente zusammengerechnet, im Beispiel: 1.396,35 € + 492,00 € = 1.888,35 €.
4. Schritt
Nun wird der Grenzbetrag errechnet. Dieser beträgt 70 % von 1/12 des Jahresarbeitsverdienstes.
Beispiel: Bei dem Jahresarbeitsverdienst von 27.000 € werden 70 % berechnet. Das sind 18.900 €. Dieser Betrag wird mit dem jeweiligen Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung multipliziert, der in unserem Fall 1,0 beträgt (Rente wegen Alters), und anschließend durch 12 geteilt. Es ergibt sich ein monatlicher Grenzbetrag von 1.575 €.
5. Schritt
Abschließend wird jetzt der Ruhensbetrag ermittelt. Die Altersrente wird dann um diesen Betrag gekürzt. Es wird hierbei das Resultat aus dem 4. Berechnungsschritt vom Resultat des 3. Berechnungsschrittes abgezogen.
Im vorliegenden Fallbeispiel bedeutet das: 1.888,35 € - 1.575,00 € = 313,35 €. Die Altersrente wird in diesem Beispiel also monatlich um 313,35 € gekürzt.
Somit betrüge laut dem vorliegenden Fallbeispiel die monatliche Bruttorente aus der gesetzlichen Rentenversicherung noch 1.083 € (1.396,35 € - 313,35 €). Von dieser gehen anschließend die Beiträge für die gesetzliche Kranken- (Beitragssatz 7,3 % + Zusatzbeitrag der jeweiligen Krankenkasse) und Pflegeversicherung (2,55 % bzw. 2,8 % für kinderlose Rentner) ab.
Der Unfallversicherungsträger, zum Beispiel die Berufsgenossenschaft, zahlt die Verletztenrente, in unserem Fall 750 €, in voller Höhe weiter.
Weitere Anrechnungsprüfungen
Anrechnungsprüfungen gibt es übrigens nicht nur bei der Rente wegen Alters der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch bei Anspruch auf alle anderen Renten aus eigener Versicherung, wie zum Beispiel Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Erziehungsrenten der gesetzlichen Rentenversicherung. Weiterhin wird beim Zusammentreffen von Hinterbliebenenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Hinterbliebenenrenten der gesetzlichen Rentenversicherung geprüft.
Unfallrenten und private Altersvorsorge
Private Unfallrenten und Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung haben keinen Einfluss auf die Auszahlungen aus einer privaten Altersvorsorge, diese wird also prinzipiell zusätzlich und ungekürzt gemäß Vereinbarung ausgezahlt.