Die Grundsicherung für Arbeitsuchende, besser bekannt als Arbeitslosengeld 2 oder Hartz IV, wird vom Jobcenter nur erwerbsfähigen leistungsberechtigten Personen mit gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland im Alter von 15 Jahren bis zur gesetzlich festgelegten Altersgrenze zwischen 65 und 67 Jahren gewährt. Als erwerbsfähig gilt, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 Abs. 1 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen (zum Beispiel Wohngeld oder Kinderzuschlag), erhält (§ 9 SGB II). Arbeitslosigkeit ist keine Voraussetzung für den Bezug von Hartz 4.
Für die Ermittlung eines Anspruchs auf ALG II wird vorhandenes Einkommen und Vermögen entsprechend den Vorschriften des SGB II auf mögliche Hartz 4 Leistungen angerechnet. Als zu berücksichtigendes Einkommen gilt gemäß § 11 SGB II unter anderem jede Einnahme in Geld. Dazu gehören nicht nur Einnahmen aus nichtselbstständiger und selbstständiger Tätigkeit, Kapital- und Zinserträge sondern beispielsweise auch eine Rente der gesetzlichen Unfallversicherung oder eine private Unfallrente.
Die Rente der gesetzlichen Unfallversicherung oder die private Unfallrente selbst wird übrigens ungekürzt bei ALG II-Bezug ausgezahlt.
Warum erfolgt die Anrechung der Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung bei Bezug von ALG II?
Das Bundessozialgericht in Karlsruhe hat zum gleichzeitigen Bezug einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung und Arbeitslosengeld II bereits im Jahr 2007 eine wichtige Entscheidung getroffen. Nach Auffassung des Gerichts müssen sich Arbeitslose eine vom gesetzlichen Unfallversicherungsträger (z.B. Berufsgenossenschaft) gezahlte Verletztenrente voll auf die Hartz-4-Leistungen anrechnen lassen (Aktenzeichen: B 11b AS 15/06 R). Das Bundesverfassungsgericht bestätigte die Praxis in einem am 16. März 2011 veröffentlichten Nichtannahmebeschluss (Aktenzeichen: 1 BvR 591/08 und 1 BvR 593/08): Zwar würden ALG II-Empfänger gegenüber Kriegsversehrten oder Opfern des nationalsozialistischen Regimes benachteiligt, dies sei aber sachlich gerechtfertigt und damit kein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot (Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz), da die Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung der Sicherung des Lebensunterhalts diene und folglich keine zweckbestimmte Einnahme darstelle, die beim ALG II nicht angerechnet wird.
Für Empfänger von ALG II gehören Versichertenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung also voll zum zu berücksichtigenden und damit leistungsmindernden Einkommen. Etwas anderes gilt in Fallgestaltungen, in denen die Verletztenrente einen gleichzeitig bestehenden Anspruch auf eine Grundrente nach dem BVG gemäß § 65 Abs. 1 BVG zum Ruhen bringt. Mit Urteil vom 17.10.2013, Az. B 14 AS 58/12 R, hat das BSG entschieden, dass in diesen Fällen der Teil der Verletztenrente nicht als Einkommen nach dem SGB II zu berücksichtigen ist, der der Grundrente nach dem BVG entspricht.
Der Erhöhungsbetrag (Unterschiedsbetrag zwischen dem Gesamtbetrag aus Rente sowie Arbeitslosengeld und dem Übergangsgeld der gesetzlichen Unfallversicherung), den ALG II Empfänger nach § 58 SGB VII für maximal zwei Jahre erhalten, wenn sie durch den Unfall / die Berufskrankheit arbeitslos geworden sind, ist nicht als Einkommen im Sinne der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu berücksichtigen.
Ähnlichkeiten zur früheren Sozialhilfe
Der Gesetzgeber hat sich mit Einführung von Arbeitslosengeld 2 ganz bewusst von den Regelungen der früheren Arbeitslosenhilfe abgewendet und sich an denen der einstigen Sozialhilfe orientiert. Und bei dieser wurden Verletztenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung schon immer vollständig angerechnet.
Sind Änderungen bei der Anrechnung zu erwarten?
Es gibt bei der Bundesregierung durchaus Pläne zur Änderung der Anrechnung von Renten der gesetzlichen Unfallversicherung. So könnte sich die Rechtslage dahingehend ändern, dass die Renten möglicherweise in einen Anteil für die Bestreitung des Lebensunterhalts und einen Anteil, der dem Schmerzensgeld ähnlich ist, "aufgesplittet" werden. In diesem Fall würde lediglich der Anteil angerechnet werden, der für den Lebensunterhalt gedacht ist. Noch ist hierzu aber keine Gesetzesänderung erfolgt.
Wird die private Unfallrente bei Hartz-IV angerechnet?
Da ALG II nachrangig nach Einkommen aus anderen Rechten wie Arbeitseinkommen oder eben auch Renten gezahlt wird, erfolgt auch beim Bezug einer privaten Unfallrente die volle Anrechnung auf Leistungen nach dem SGB II.
Eine einmalig gezahlte Invaliditätsleistung aus privater Unfallversicherung ist auf 12 Monate verteilt als Einkommen beim Hilfebedürftigen zu berücksichtigen.