Nicht immer sind nach Arbeits- oder Wegeunfällen Heilbehandlung und Reha-Maßnahmen so erfolgreich, dass die Versicherten wieder uneingeschränkt am Erwerbsleben teilnehmen können. In solchen Fällen zahlen die Träger der deutschen, gesetzlichen Unfallversicherung, das sind die Berufsgenossenschaften (neun gewerbliche und die landwirtschaftliche BG - Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG)) sowie die Versicherungsträger der öffentlichen Hand (z. B. Unfallkassen, Landesunfallkassen, Gemeindeunfallversicherungsverbände), ihren Versicherten eine Rente: die Verletztenrente. Sie ist dabei nur eine von mehreren Geldleistungen (Leistungsart 14).
Anspruch auf Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung (Voraussetzungen)
Grundsätzlich gilt bei der gesetzlichen Unfallversicherung, dass Leistungen zur Heilbehandlung und zur Rehabilitation Vorrang vor Rentenleistungen haben. Anspruch auf eine Verletztenrente haben Versicherte daher erst, sobald deren Minderung der Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach diesem hinaus mindestens 20 % beträgt (Ausnahme für Versicherungsfälle ab dem 1. Januar 2008 bei landwirtschaftlichen Unternehmern und ihren im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner, sowie nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige; hier sind wenigstens 30 % MdE Voraussetzung). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle zusammengerechnet um mindestens 20 bzw. 30 % gemindert, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Berücksichtigt werden die Folgen eines Versicherungsfalls dabei aber nur, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 % mindern.
Ist jedoch bereits zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls keine Erwerbsfähigkeit gegeben, wird keine Verletztenrente geleistet.
Die Entscheidung darüber, ob eine Rente gezahlt wird, trifft der Rentenausschuss des Unfallversicherungsträgers.
Berechnung: Höhe der Verletztenrente
Bei vollständigem Verlust der Erwerbsfähigkeit wird eine Vollrente geleistet. Sie beträgt 2/3 des Jahresarbeitsverdienstes (JAV). Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wird eine Teilrente geleistet, die sich prozentual dem Grad der Minderung von der Vollrente berechnet:
Beispiel
Die Verletztenrente eines Versicherten mit einem JAV von 36.000 Euro und einer MdE von a) 100 % und b) 30 % errechnet sich anhand der Formel Rente = 2/3 JAV MdE in % wie folgt:
a) Vollrente = 2/3 von 36.000 = 24.000 Euro, davon 100 % MdE = 24.000 EUR Rente / Jahr = 2.000 EUR Rente / Monat
b) Teilrente = 2/3 von 36.000 = 24.000, davon 30 % MdE = 7.200 EUR Rente / Jahr = 600 EUR Rente / Monat
Können Versicherte mit Anspruch auf eine oder mehrere Renten nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von zusammen mindestens 50 % (Schwerverletzte) infolge des Versicherungsfalls einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen und haben sie keinen Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, erhöht sich die monatliche Verletztenrente um 10 %.
Renten der gesetzlichen Unfallversicherung werden jährlich entsprechend dem Prozentsatz angepasst, um den sich die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung verändern.
Es ist für die Höhe einer bezogenen Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung unschädlich, wie hoch der Hinzuverdienst ist, dass weiterhin ein Vollzeitjob ausgeübt wird oder beispielsweise auch Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung (z.B. private Unfallrente) bezogen werden. Es findet hier keine Anrechnung statt.
Sozialversicherungsbeiträge
Von Verletztenrenten werden keine Sozialversicherungsbeiträge, zum Beispiel zur gesetzlichen Rentenversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung, abgezogen. Jedoch werden sie bei der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung als beitragspflichtiges Einkommen grundsätzlich mit berücksichtigt.
Abfindung
Verletztenrenten können durch die gesetzliche Unfallversicherung in bestimmten Fällen auch abgefunden werden. Das heißt, dass ein anspruchsberechtigter Versicherter die Rente anstatt als monatliche Zahlung in Form einer einmaligen Auszahlung erhält. Details dazu haben wir auf einer separaten Unterseite zusammengestellt: Abfindung von Renten der gesetzlichen Unfallversicherung.
Dauer: Wie lange und ab wann die Verletztenrente gezahlt wird
Renten an Versicherte werden beginnend von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet (in der Regel Ende der Arbeitsunfähigkeit). Wenn kein Anspruch auf Verletztengeld entstanden ist, beginnt die Rente am Tag nach dem Unfall.
Seit dem 1. Januar 2008 besteht für den Personenkreis der landwirtschaftlichen Unternehmer, Ehegatten oder Lebenspartner nach Gesetz und Satzung eine Wartezeit von 26 Wochen, das heißt, die Rentenzahlung beginnt mit dem Beginn der 27. Woche vom Tag der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit bzw. vom Tag, an dem eine Heilbehandlungsmaßnahme beginnt, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert.
Gegebenenfalls kann auch rückwirkend Verletztenrente mitsamt 4 % Zinsen (§ 44 Abs. 1 SGB I) gezahlt werden. Ansprüche auf Renten aus gesetzlicher Unfallversicherung verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind (§ 45 Abs. 1 SGB I).
Eine Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen, die zur Rentenzahlung geführt haben (zum Beispiel eine höhere Erwerbsminderung infolge Verschlimmerung der Verletzungsfolgen bzw. eine niedrigere infolge einer Besserung), hat eine Neuberechnung zur Folge. Ansonsten kann die Verletztenrente sogar lebenslang gezahlt werden.
Beim Zusammentreffen mit Renten der gesetzlichen Rentenversicherung, wie der Altersrente oder der Erwerbsminderungsrente, wird die Verletztenrente auf diese teilweise angerechnet. Auch bei anderen Leistungen finden teils eine Anrechnung statt.
Die Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung wird auch ins Ausland überwiesen, zum Beispiel wenn ausländische Arbeitnehmer in ihr Heimatland zurückkehren.
Rente als vorläufige Entschädigung
Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der Minderung der Erwerbsfähigkeit noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden, soweit sich die Verhältnisse wesentlich, das heißt um mehr als 5 % ändern.
Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Zu diesem Zeitpunkt wird in aller Regel eine neue Begutachtung durchgeführt, da (anders als bei einer "normalen" Nachuntersuchung) die Minderung der Erwerbsfähigkeit komplett neu geschätzt werden kann (nicht muss). Im Gegensatz zu einer Rentenänderung muss der Unfallversicherungsträger zur Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit keinen Nachweis einer Verbesserung der Unfallfolgen führen. Änderungen der MdE zu Ungunsten des Versicherten können danach nur noch im Abstand von mindestens einem Jahr erfolgen.
Hinterbliebenenrenten
Ehegatten und den Kindern eines infolge Arbeitsunfalls, Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit verstorbenen Versicherten wird vom Todestag an eine Hinterbliebenenrente gewährt. Auch frühere Ehegatten sowie die Eltern des Verstorbenen erhalten auf Antrag Rente, wenn dieser ihnen gegenüber zur Zeit des Todes unterhaltspflichtig war oder während des letzten Jahres vor dem Tod Unterhalt geleistet hat.
Versteuern: Ist die Verletztenrente steuerfrei oder steuerpflichtig?
Die Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 3 Nr. 1a Einkommensteuergesetz ausdrücklich steuerfrei. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Verletztenrenten, Berufskrankheits-Renten, Witwen-/Witwerrenten oder Waisenrenten handelt.