Bleiben nach einem Unfall Beeinträchtigungen zurück, können sich auch die Anforderungen im Alltag auf Dauer ändern. Für manches, was früher selbst erledigt wurde, muss dann Hilfe in Anspruch genommen werden: der Einkauf, die Wäsche, Erledigungen und vieles mehr. Die Folge: Die Kosten für die Lebensführung steigen. Von einer privaten Unfallrente kann in diesem Fall zum Beispiel eine notwendig gewordene Kinderbetreuung, Haushalts- oder Pflegehilfe bezahlt werden. Sie wird von den Versicherern als eigenständiger Vertrag oder als Erweiterung zur "klassischen Unfallversicherung" mit einmaliger Kapitalleistung angeboten.
Die gesetzliche Unfallversicherung reicht meist nicht aus
Die gesetzliche Unfallversicherung, ein Zweig der deutschen Sozialversicherung, deckt mit ihrem Pendant zur privaten Unfallrente – der Berufskrankheits- / Verletztenrente - nur einen Teil des Risikos für die Versicherten ab. Zum einen greift sie bei Arbeitnehmern nur bei einem Arbeitsunfall, bei Unfällen während einer Dienstreise und bei sogenannten Wegeunfällen, also Unfällen auf dem Weg zur bzw. von der Arbeit. Im Falle einer Berufserkrankheit leistet sie lediglich, wenn die Erkrankung in der sogenannten Berufskrankheiten-Verordnung verzeichnet ist und nachweislich alleine durch den Beruf verursacht wurde. Bei nicht-berufsbedingten Unfällen und Erkrankungen besteht entsprechend kein gesetzlicher Versicherungsschutz. Andere Personengruppen wie Nichtberufstätige, also auch Hausfrauen und -männer, sind zudem gar nicht gesetzlich unfallversichert.
Eine private Unfallrentenversicherung hingegen bietet weltweiten Schutz in allen Fällen, also sowohl auf der Arbeit als auch bei einer privaten Reise, bei Unfällen im Haushalt, beim Ausüben des Hobbys, usw. Laut Statistik passieren gerade zwei Drittel aller Unfälle in Deutschland außerhalb des Versicherungsschutzes der gesetzlichen Unfallversicherung!
Berechnung der Unfallrentenhöhe
Einen Unterschied gibt es auch bei der Berechnung der Höhe der Unfallrente. Während bei der privaten Unfallrente ab Überschreiten des vereinbarten Invaliditätsgrades (in der Regel 50 %, manche Anbieter leisten bereits ab 35 %) die im Versicherungsvertrag genannte Rentenhöhe in voller Höhe ausgezahlt wird, bemisst sich die Höhe bei der Berufskrankheits- und Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) und dem letzten Jahresarbeitsverdienst (JAV). Wer vor dem Unfall wenig verdient hat, erhält in der gesetzlichen Unfallversicherung entsprechend auch nur eine kleine Rente (gegebenenfalls anhand des Mindest-JAV berechnet).
Die selbst festzulegende Höhe der privaten Unfallrente sollte ausreichen, um notfalls einen Verdienstausfall auszugleichen und neu entstehende Kosten für die Lebensführung abzudecken. Private Versicherer erlauben in der Regel Invalidenrenten bis zu bestimmten Höhen zu vereinbaren (maximale Versicherungssumme mal 1.000 €, aber auch über 3.000 € sind, je nach Versicherer, möglich).
Unfallrente 35/50/90: Bei einem besonders hohen Invaliditätsgrad kann sich die monatliche Unfallrente je nach Vertrag auch automatisch vervielfachen (zum Beispiel bei 90 %) oder auch verringern (bei einem geringeren Grad wie 35 %). Eine eingebaute Beitrags- und Leistungsdynamik ermöglicht das jährliche, automatische Anpassen der Rente im Leistungs- bzw. Nichtleistungsfall, beispielsweise zum Inflationsausgleich. Hier sind also verschiedene Klauseln in den Versicherungsbedingungen anzutreffen.
Von privaten Unfallrenten werden grundsätzlich keine Sozialversicherungsbeiträge abgezogen, die Auszahlungen sind also nicht sozialversicherungspflichtig. Jedoch werden sie zur Prüfung der Familienversicherung bei der gesetzlichen Krankenversicherung zum Gesamteinkommen hinzugerechnet und zählen auch bei der freiwilligen Krankenversicherung zum beitragspflichtigen Einkommen.
Auszahlung der privaten Unfallrente
Voraussetzung für die Leistung einer privaten Unfallrente durch den Versicherer ist in der Regel ein unfallbedingter Invaliditätsgrad von mindestens 50 % (je nach Versicherer ist auch eine andere Prozentzahl möglich und vereinbar).
Unfallbegriff und Invalidität
In den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen 2014 (AUB 2014) ist der Unfallbegriff wie folgt definiert:
"Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet."
Weiterhin muss die Gesundheitsschädigung dauerhaft sein. Die AUB 2014 sehen dazu folgende Formulierung vor:
Eine Invalidität liegt vor, wenn unfallbedingt die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit dauerhaft beeinträchtigt ist.
Dauerhaft ist eine Beeinträchtigung, wenn sie voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen wird und eine Änderung dieses Zustands nicht zu erwarten ist.
Grundsätzlich muss also für einen Anspruch diesen Definitionen genüge getan werden, sofern nichts anderes in den Versicherungsbedingungen vereinbart ist.
Weitere Rechtsgrundlagen für die private Unfallversicherung sind das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Versicherungsvertragsgesetz (VVG).
Gliedertaxe
Die Gliedertaxe besagt, mit welcher Schwere der Funktionsverlust oder die vollständige Funktionsunfähigkeit einzelner Körperteile (Glieder) und Sinnesorgane beurteilt wird. Die private Unfallrente wird ausgezahlt, sofern der vertraglich vereinbarte Invaliditätsgrad überschritten wird.
Hier die Gliedertaxe aus den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen 2014 des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV):
Körperteil / Sinnesorgan | Einstufung der Invaliditätsgrade nach Prozent | |
---|---|---|
Arm | 70 % | |
bis oberhalb des Ellenbogengelenkes | 65 % | |
unterhalb des Ellenbogengelenkes | 60 % | |
Hand | 55 % | |
Finger | Daumen | 20 % |
Zeigefinger | 10 % | |
ein anderer Finger | 5 % | |
Bein | über Mitte des Oberschenkels | 70 % |
bis Mitte des Oberschenkels | 60 % | |
bis unterhalb des Knies | 50 % | |
bis Mitte des Unterschenkels | 45 % | |
Fuß | 40 % | |
Zehen | große Zehe | 5 % |
eine andere Zehe | 2 % | |
Auge | beide Augen | 100 % |
ein Auge | 50 % | |
Ohr | Gehör auf beiden Ohren | 60 % |
Gehör auf einem Ohr | 30 % | |
Sinnesbeeinträchtigung | Geruchssinn | 10 % |
Geschmackssinn | 5 % |
Diese Gliedertaxe des GDV ist nicht allgemein verbindlich. Die Versicherer machen vielfach davon Gebrauch und bieten Tarife mit "verbesserten Gliedertaxen" an. Daher gelten die im jeweiligen Vertrag! Ein Vergleich der Anbieter in diesem Hinblick lohnt sich!
In der Praxis wird die Gliedertaxe laut GDV bei etwa 80 % der Invaliditätsfälle angewendet. In anderen Fällen ist die konkrete Gesundheitsbeeinträchtigung nicht ausdrücklich in der Gliedertaxe geregelt. Für die Berechnung der Invaliditätsleistung ist dann entscheidend, inwieweit das gesamte Leistungsspektrum des Versicherten durch den Unfall beeinträchtigt wird. Grundlage ist immer ein ärztliches Gutachten.
Leistungsentscheidung
Eine private Unfallrente wird immer ab dem Unfalltag ausgezahlt. Wird der Invaliditätsgrad erst später von einem Arzt festgestellt (maximal 15 Monate nach dem Unfalltag!), kann die Versicherungsleistung auch rückwirkend ab Beginn des Monats, in dem sich der Unfall ereignet hat, erfolgen. Liegen dem Versicherer die notwendigen Unterlagen und Auskünfte vor, muss er innerhalb von maximal drei Monaten über die Leistung einer privaten Unfallrente entscheiden. Nach dieser Entscheidung zahlt der Versicherer gegebenenfalls innerhalb von 14 Tagen. Die Rente wird jeden Monat lebenslang (oder wenn vereinbart auch kürzer, beispielsweise bis zum Renteneintrittsalter) im Voraus ausgezahlt.
Bis zu drei Jahre nach dem Unfall (bei Kindern gegebenenfalls länger) ist der Betroffene ebenso wie seine Versicherung berechtigt, den Grad der Invalidität jährlich neu feststellen zu lassen (Neubemessung). Dann muss allerdings die Unfallrentenzahlung endgültig festgelegt werden. Ergibt die endgültige Bemessung eine höhere Invaliditätsleistung, als bereits gezahlt wurde, ist der Mehrbetrag verzinst auszuzahlen.
Hinweis: Wer über eine private Unfallrente verfügt, kann unter Umständen bei einem Arbeitsunfall sowohl eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung als auch gleichzeitig eine private Unfallrente erhalten, da die Privatabsicherung in der Regel für sämtliche Unfälle – egal ob beruflich verursacht oder nicht – leistet.
Weitere Extras bei der privaten Unfallrente
In den privatrechtlichen Verträgen zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmer können je nach Anbieter weitere Extras vereinbart werden, wie beispielsweise die Erweiterung des Unfallbegriffs auf bestimmte Erkrankungen (zum Beispiel Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebsleiden, Infektionen, ...), Leistung bereits ab Invalidität unter 50 %, verlängerte Meldefristen, eine Beitragsbefreiung bei Arbeitslosigkeit oder im Leistungsfall, Rentengarantiezeiten / Hinterbliebenenrenten (Witwen- / Witwerrente, Waisenrente), Kapitalabfindungsoption und vieles mehr.
Besteuerung privater Unfallrenten und Absetzbarkeit von Beitragszahlungen
Ist der Versicherungsfall eingetreten und bezieht man bereits Rentenzahlungen aus der privaten Unfallversicherung, sollte man sich auch mit der Besteuerung dieser auseinander setzen. Die Unfallrente aus einer privaten Unfallversicherung muss in Deutschland besteuert werden. Dabei ist auf jeden Fall zwischen zwei Bereichen zu unterscheiden: den Beitragszahlungen an und die Leistungen aus der Versicherung.
Private Unfall(renten)versicherung oder Berunfsunfähigkeitsversicherung?
Eine private Unfallrentenversicherung kann auch für all diejenigen empfehlenswert sein, die aufgrund bestimmter Vorerkrankungen keine Berufsunfähigkeitsversicherung zur Absicherung ihrer Arbeitskraft bekommen können oder eine solche Absicherung zu teuer ist. Bei der privaten Unfall(renten)versicherung gilt es nur wenige – in manchen fällen auch gar keine – Gesundheitsfragen zu beantworten. Jedoch kann die Unfallrente keine Berufsunfähigkeitsrente ersetzen, da sie nur eine Ausschnittsdeckung darstellt. Hier können Sie kostenlos und unverbindlich einen Vergleich für eine Berufsunfähigkeitsversicherung anfordern: